Viele Branchen benötigen Materialien, die extremer Kälte standhalten. Wir beziehen uns nicht nur auf Installationen in Polargebieten, die leicht -40 °C erreichen. Deutlich niedrigere Temperaturen werden auch oft von Geräten und Anlagen in Bereichen wie Petrochemie, Kältetechnik und Industrie erreicht:
Einige Materialien, die bei Raumtemperatur duktil sind, verlieren bei Überschreitung einer bestimmten Schwelle abrupt ihre Duktilität. Herkömmliche Baustähle, ferritische oder martensitische Edelstähle (Serie 400), aber auch Eisen, Chrom und Wolfram werden auch bei relativ niedrigen Temperaturen spröde. Metalle wie Kupfer, Silber, Gold, Aluminium und Nickel hingegen bleiben auch bei sehr niedrigen Temperaturen formbar. Zu diesen Elementen werden austenitische Stähle hinzugefügt.
Die unterschiedlichen Eigenschaften dieser Materialien bei niedrigen Temperaturen hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der kristallinen Struktur, der Größe der Körner, der Neigung zur Aufnahme von Verunreinigungen aus der Atmosphäre, Wärmebehandlungen, der Aufnahme von Schlacke und Prozessen wie Schmelzen, Schweißen, Zerspanung, Verformung.
Diese erste Schwelle ist wichtig, denn sie ist nicht nur die untere Grenze der natürlich auf dem Planeten erreichten Temperaturen, sondern auch die Temperatur, bei der einige industrielle Prozesse und einige chemische Prozesse stattfinden. Leider sind herkömmliche Baustähle auf diesem Niveau nicht mehr verwendbar, entweder wegen ihrer intrinsischen Eigenschaften oder weil sie in der Regel nicht auf Härte und Beständigkeit gegen niedrige Temperaturen geprüft werden. Einige Stahlwerke verfügen jedoch über spezielle Kohlenstoffstähle für diese Anwendungen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um vergütete und angelassene niedriglegierte Stähle.
Fast alle Aluminiumlegierungen können bei Temperaturen bis zu -45 °C verwendet werden, außer Serien wie 7075-T6 und 7178-T6 und Titanlegierungen 13V-11Cr-3Al oder 8Mn. Kupfer und Nickellegierungen können in der Regel bei diesen Temperaturen eingesetzt werden. PH-Edelstähle, d.h. ausscheidungshärtende Edelstähle, sind aufgrund von Versprödung und Rissen nicht für Temperaturen unter -20 °C geeignet.
Einige Stähle können bei diesen Temperaturen verwendet werden, wie z.B. niedriglegierte, gehärtete und angelassene Stähle oder ferritische Nickelstähle. Die meisten kohlenstoffarmen (0,20-0,35%) martensitischen Stähle können mit ausreichender Zuverlässigkeit verwendet werden. Viele dieser Legierungen enthalten Mangan, Nickel, Chrom, Molybdän und Vanadium sowie etwas Zirkonium und Bor.
Kohlenstoffarme 3,5%ige Nickelstähle werden häufig in Flüssiggasspeichern bei Temperaturen bis zu -100°C eingesetzt. Auch viele Aluminium-, Nickel- und Titanlegierungen sind für diese Temperaturen geeignet. Aluminium 7076-T6 kann auch bis -128 °C eingesetzt werden, jedoch nicht für kritische Anwendungen.
Die austenitischen Edelstähle der Serie 300 sind alle für die Verarbeitung bis zu diesem Temperaturbereich geeignet. Maraging-Stähle mit einem Nickelgehalt zwischen 20% und 25% und dem Zusatz von Kobalt, Molybdän, Titan, Aluminium und Niob sind ebenfalls geeignet. Maraging-Stähle weisen hervorragende Verformbarkeit, Zähigkeit und Härteeigenschaften auf und müssen bei einer Temperatur von nur 400 °C gehärtet werden.
Viele Aluminiumlegierungen wie 2024-T6, 7039-T6 und 5456-H343 weisen bei -196 °C eine ausgezeichnete Bruchfestigkeit auf; auch 2014-T6, jedoch mit Ausnahme von Schweißnähten. Weitere temperaturbeständige Legierungen sind die Aluminium-Magnesium-Legierungen der Serie 5000, die 2219-T87 und die 6061-T6.
Die Materialien auf Nickelbasis sind fast alle bis -196 °C beständig. Titanlegierungen wie 5Al-2.5Sn-Ti, 6A1-4V-Ti und 8Al-2Cb-1Ta-TiY sind ebenfalls geeignet, sollten aber von Verunreinigungen wie Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und Eisen frei gehalten werden, da sie eine Versprödung verursachen.
Diese sehr niedrigen Temperaturen sind für die Industrie von großem Interesse, da sie der Temperatur entsprechen, bei der Helium (-270 °C) und insbesondere Wasserstoff (-253 °C), ein vielversprechendes Element für Energiespeicher- und Kernfusionsprojekte, verflüssigt werden.
Von den Stählen sind nur hochlegierte austenitische Edelstähle für diese Temperaturen geeignet, wie 304 und 310. Wenn Schweißnähte vorgesehen sind, wird die Verwendung von kohlenstoffarmen Varianten empfohlen. Diese Legierungen enthalten im Allgemeinen zwischen 18% und 21% Chrom und zwischen 9% und 14% Nickel.
Die Aluminiumlegierungen, die bei den entsprechenden Temperaturen verwendet werden können, sind typischerweise in den Serien 2000 und 5000 oder der Legierung 6061-T6 enthalten. Insbesondere die Schweißnähte an 2219-T87 haben eine ausgezeichnete Bruchfestigkeit gezeigt, während 5052-H38 und 5083-1138 eine hohe Rissbeständigkeit aufweisen. Gleiches gilt für Monel, K-Monel, galvanisch geformtes Nickel, gehärtetes Nickel zur Thoriumdispersion und Nickellegierungen wie Inconel X, Inconel 718, René 41 und Hastelloy B. Bei diesen Temperaturen können nur Ti45A und 5Al-2,5Sn-Ti Titanlegierungen sowohl als Grund- als auch als Schweißmetall verwendet werden.
Kupferlegierungen werden im Allgemeinen auch in Kontakt mit flüssigem Wasserstoff und Helium verwendet, wie z.B. Messing 70-30, Kupfer-Beryllium, Ferrosilizium und Aluminiumbronzen. Magnesiumlegierungen hingegen neigen dazu, spröde zu werden, können aber bei sorgfältiger Auslegung in spannungsarmen Anwendungen eingesetzt werden.
Quelle:
A. Hurlich, Low temperature metals (General Dynamics/Astronautics, San Diego – California)
https://www.bnl.gov/magnets/staff/gupta/summer1968/0311.pdf